Zündet Windows 7?
Von Bernd Kling am 8. Juni 2009
Die Erwartungen an Windows 7 sind hoch. PC-Hersteller wie Dell hoffen, dass die Unternehmen mit Windows 7 endlich wieder auf neue Hardware umsteigen. Intel-Chef Otellini hingegen erklärt den traditionellen Desktop für „so gut wie tot“ und meint, PCs seien ebenso gut mit Nettops zu ersetzen.
Die Unternehmen haben das alte Spiel verweigert, ihre Computer im Turnus von drei bis dreieinhalb Jahren zu erneuern. Dazu trugen Microsofts Vista-Desaster sowie der wirtschaftliche Abschwung bei. Mit Windows 7 wird alles besser, verkündet Dell-CEO Michael Dell:
„Ich denke, wir sehen gewiss ein großes Aufschieben der Käufe bei den Unternehmen. Aber wenn wir mit ihnen reden, dann höre ich, dass sie für 2010 eine ziemlich umfassende Erneuerung ihrer Client-Rechner vorhaben, und sie planen es praktisch rund um Windows 7. Sie haben Vista übergangen und haben jetzt ungefähr diese Pläne.“
Bei Intel hingegen hat längst ein Umdenken eingesetzt, was Windows und Desktop und all das angeht. Intel-CEO Paul Otellini sagt es mit provozierender Deutlichkeit:
„Der alte langweilige Desktop ist so gut wie tot. Aber es gibt eine installierte Basis von 800 Millionen Geräten, und 45 Prozent von ihnen sind mehr als drei Jahre alt.“
„Zu wenig beachtete Cousins der Netbooks“
Nicht nur das, der Desktop entwickle sich weiter wie etwa mit Geräten, die zusätzlich über einen Touchscreen zu bedienen sind. Für Wachstum sorgten aber auch Desktops mit Atom-Prozessor. Ihnen traut Intel offenbar noch weit mehr zu, denn „Nettops sind die Cousins der Netbooks, die noch viel zu wenig beachtet werden“.
Auf das Wachstum von Netbooks und Nettops wiederum reagiert Microsoft noch immer hilflos schlingernd, wie Mary Jo Foley treffsicher beschreibt. Microsoft habe zwar demonstriert, dass auch die aufwändigen und teuersten Versionen von Windows 7 auf ihnen laufen, aber der wunde Punkt bleibe:
„Die PC-Hersteller werden voraussichtlich Windows 7 Starter Edition oder vielleicht Windows 7 Home Premium auf neuen Netbooks vorinstallieren, weil sie am billigsten kommen. Microsoft hat kürzlich die Einschränkung auf drei gleichzeitig laufende Programme für die Windows 7 Starter Edition aufgehoben, aber diese Low-End-Version lässt immer noch eine Anzahl von Features vermissen, die Microsoft als verkaufsfördernde Features von Windows 7 hervorhebt.“
„Gut genug“
Analyst Chris Whitmore von der Deutschen Bank wiederum ist skeptisch, ob die Unternehmen angesichts der wirtschaftlichen Perspektive bereit sind, in neue Hardware zu investieren:
„Die Zurückhaltung der Unternehmen, auf Vista zu migrieren (rund 75 Prozent der installierten Basis läuft mit XP oder älteren Betriebssystemen) lässt darauf schließen, dass die installierte PC-Basis ziemlich alt ist und aufgerüstet werden muss, um effektiv mit Windows 7 zu laufen (trotz dessen bescheidenen Systemanforderungen). In der Zwischenzeit erwarten wir, dass die Nutzer ihre PCs so lange wie möglich einzusetzen versuchen und sich allgemein für einfachere Konfigurationen (‚gut genug‘) sowie Netbooks (XP) entscheiden.“
Im Gegensatz zu Microsoft scheint Intel auf diese Entwicklung vorbereitet zu sein. Dafür spricht unter anderem Intels Engagement für Moblin, das für die Atom-Prozessoren optimierte Linux. Von Windows 7 allein erwartet er keine Wende „zum Besseren in der Nachfrage“, erklärte Intels Finanzchef Stacy Smith eben in einem Interview.
Windows 7 für ein paar Dollar weniger?
Microsoft zeigt bereits Nerven, wie nicht nur der wankelmütige Tanz um die Einschränkungen von Windows 7 Starter beweist. Ein geleaktes Memo der US-Elektromarkt-Kette Best Buy nennt Upgrade-Preise für Windows 7, die deutlich unter denen für Vista liegen: 50 US-Dollar für Windows 7 Home Premium, 100 US-Dollar für die Professional-Version. Bislang wurden eher höhere Preise befürchtet, die offiziellen Listenpreise will Microsoft in den nächsten Tagen nennen.
(bk)
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